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Zeev ist 20 und kam erst vor vier Jahren mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester nach Bonn. Seine Familie kommt aus der ukrainischen Metropole Dnipro - der Stadt mit dem größten jüdischen Kulturzentrum der Welt. 

Zeev Aaron (Arthur)das Menorah Center

Zeev Aaron (Arthur) 

Vom ersten Eindruck her ist er ein ganz normaler deutscher Kerl mit Bart und mit einem Baseball Cap. Er spricht gut Russisch und Deutsch, was ihm eine Ausbildung bzw. eine Studienvorbereitung erlaubt.

Wir trafen uns in der Synagoge im Gebetssaal. Sein Weg zur Religion war eine geradlinige Bewegung von der jüdischen Krippe und Kindergarten bis zur Schulreife an der jüdischen Schule, wo Religionsunterricht bzw. das Gebet eine wichtige Rolle gespielt hatten. 

Zuerst war Zeev kein religiöser Jude, eher ein bewusster. In Bonn wurde er von Herrn Abraham empfangen und begann in der kleinen Gruppe, Thora zu lernen. Nach und nach fing er an, die Bräuche und Traditionen des religiösen Alltags zu praktizieren. So kamen das tägliche Gebet, koscheres Essen (Trennung von fleischigem und milchigem Essen), das Tragen von Kippa und Zizit (rituelle Fäden mit Knoten für jüdische  Männer) in seinen Alltag. Früher hatte er das alles als eine Beschränkung empfunden. “Heute ist es alles zur Normalität geworden”, sagt er.

Wegen seines starken Glaubens fühlt er eine gewisse Abgrenzung, zum Beispiel im Berufskolleg, er fehlt dort oft an den jüdischen Feiertagen. Er hat zwar einige russischsprachige Mitschüler, ist aber mit niemandem von ihnen befreundet. Wohl fühle er sich nur in der Yeshiva (religiöse Schule). Auch seine künftige Frau soll nicht nur jüdischer Herkunft, sondern auch gläubig sein.

Kulturzentrum Menorah in der Stadt Dnipro

Man kann es sich kaum vorstellen, wie sich das jüdische Leben in der Ukraine vor 10 Jahren veränderte. 2012 wurde in Dnepr ein 21-stöckiges Gemeindehaus erbaut, das für mehr als 64 000 Juden der Stadt ein zweites Zuhause geworden ist. Bis man alle Aktivitäten der Gemeinde aufgezählt hat, muss man mehrere Seiten durchlesen. Laut Wikipedia beheimatet das Menorah Center unter anderem ein Hotel, ein Hostel, eine Konzerthalle, eine Galerie, ein koscheres Restaurant und ein Museum zur „Jüdischen Geschichte und dem Holocaust in der Ukraine“. Es gilt mit seiner Gesamtfläche von 50.000 m² als größtes jüdisches Zentrum der Welt.

Das Center besteht, wie die namensgebende Menorah bezeichnet, aus 7 Türmen, die die alte Goldene-Rosen-Synagoge aus dem 19. Jahrhundert umgreifen. Finanziert wurde der 60 Millionen US-Dollar teure Komplex aus privaten Geldern und Funds.  

Bereits 1991 wurde die erste jüdische Gesamtschule in Dnipro eröffnet. 1993 bekam sie ein eigenes Gebäude und funktioniert seitdem als die größte jüdische Gesamtschule nicht nur im GUS-Raum, sondern auch in ganz Osteuropa. 

Dort lernt man zugleich mit dem Schulprogramm Hebräisch, vertieft Religion und jüdische Geschichte. 

Wenn man eine solche Schule absolviert, wird die Frage nach der Selbstidentifizierung wahrscheinlich nicht mehr gestellt. Es wird eher danach gefragt, ob man den Weg der frommen Juden annimmt oder das verinnerlichte Wissen einfach als Background benutzt.